Inhaltsverzeichnis
Das erfolgreiche Vorbereiten von Verhandlungen zu Betriebsänderungen unter den Bedingungen des Betriebsverfassungsrechts (§ 111 Satz 3 BetrVG) ist für viele Entscheider und Personalleiter eine besondere Herausforderung: Eine solche Situation erfordert nicht nur betriebswirtschaftliches und arbeitsrechtliches Know-how, sondern vor allem auch ein hohes Maß an Verhandlungsgeschick und zielgruppenorientierter Planung. In diesem Blogbeitrag konzentrieren wir uns daher auf die Schlüsselelemente einer erfolgreichen Verhandlungsvorbereitung.
Die Kunst der Argumentation: Vorbereiten der eigenen „Value Proposition“
Das Fundament jedes Vorbereiten von Verhandlungen ist eine starke eigene Position bzw. „Value Proposition“. Die Leitfrage dazu lautet: Was ist das einzigartige Verkaufsargument der eigenen Position? Wie können Sie die eigenen Ziele in einer Weise so dargestellt werden, die für den Betriebsrat attraktiv ist? Es ist entscheidend, die eigenen Ziele nicht nur aus der eigenen Perspektive, sondern auch aus der des Betriebsrats zu betrachten. Dies erfordert eine detaillierte Analyse der eigenen Argumente und wie diese auf die Bedürfnisse und Erwartungen des Betriebsrats abgestimmt werden können. Dazu eignet sich u.a. auch ein sog. Value Proposition Canvas:
Das Herausarbeiten einer überzeugenden Value Proposition ist oftmals die Voraussetzung für meisterhaftes Verhandeln.
Verstehen der Gegenpartei beim Vorbereiten von Verhandlungen: Motive und Ziele
Ein tiefes Verständnis der Motive und Ziele des Betriebsrats ist unerlässlich. Was sind deren Hauptanliegen? Welche Kompromisse könnten sie akzeptieren? Diese Erkenntnisse helfen ungemein, die eigene Strategie so anzupassen, dass sie nicht nur die eigenen Ziele erreicht, sondern dabei auch die Bedürfnisse der Gegenseite berücksichtigt werden.
Operationalisierung der Ziele: Sach-, Beziehungs- und Prozessziele
Beim Vorbereiten auf Verhandlungen ist es wichtig, die eigenen Ziele in drei Kategorien zu unterteilen:
- Sachziele,
- Beziehungsziele und
- Prozessziele.
Sachziele beziehen sich auf konkrete Ergebnisse, wie z.B. Kostensenkungen oder Effizienzsteigerungen. Beziehungsziele fokussieren sich auf den Aufbau und Erhalt positiver Arbeitsbeziehungen, während Prozessziele die Art und Weise betreffen, wie die Verhandlungen geführt werden.
Eine ausgewogene Berücksichtigung aller drei Ziele führt dann zu einer ganzheitlicheren Verhandlungsstrategie. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist natürlich eine solide Finanzplanung mit unterschiedlichen Szenarien. Eine sehr überzeugende Methode für echte „Green-Field-Ansätze“ ist das sog. Zero-Based-Budgeting, bei der unterschiedliche Entscheidungsalternativen (Minimum Level vs. Maximum Level) für die jeweiligen Bereiche erstellt wurden.
Team-Zusammenstellung: Die richtige Mischung an Fähigkeiten und Kompetenzen
Die Auswahl und das Ausrichten des richtigen Verhandlungsteams ist entscheidend für das Vorbereiten von Verhandlungen. Ihr Team sollte eine Vielfalt an komplementären Fähigkeiten, Kompetenzen und Perspektiven bieten, um auf unterschiedliche Situationen und Dynamiken reagieren zu können. Experten in Arbeitsrecht, Finanzen, Kommunikation und HR sollten Teil des eigenen Teams sein, um eine umfassende Abdeckung aller relevanten Aspekte zu gewährleisten.
Zudem bedarf es besonderer Aufmerksamkeit der beiden Rollen des Verhandlungsführers und des Verhandlungssteuerers. Diese beiden unterschiedlichen Rollen sollten grundsätzlich nicht in Personalunion von einem Entscheider ausgeführt werden! Bei Einigungsstellenverfahren übernimmt zumeist der Einigungsstellen-Vorsitzende oder die -Vorsitzende die (formale) Aufgabe des Verhandlungssteuerers.
Analyse der Verhandlungspartner: Kenne Deinen Gegner
Eine gründliche Analyse der Mitglieder des Verhandlungsteams des Betriebsrats und ihrer individuellen Standpunkte, Erfahrungen und Verhandlungsstile ist unerlässlich. Dies ermöglicht es, maßgeschneiderte Strategien zu entwickeln, die auf die Überzeugung oder Neutralisierung spezifischer Schlüsselpersonen abzielen. Für eine zweckmäßige Analyse der Verhandlungspartner hat sich die nachfolge Methoden empfohlen; dies gilt insbesondere für nicht so erfahrene Verhandlungsteilnehmer:
Grundregeln der Verhandlung: „Tit for Tat“ und notwendige Sanktionen
Das Prinzip des „Tit for Tat“ – eine Form der Reziprozität, bei der Kooperation mit Kooperation und Konfrontation mit Konfrontation beantwortet wird – kann in Verhandlungen effektiv sein. Es ist wichtig, flexibel zu bleiben, aber auch Grenzen zu setzen und notwendige Sanktionen für unkooperatives Verhalten oder Verletzungen der Verhandlungsethik festzulegen.
Rechtzeitiges Vorbereiten eines Worst Case Szenarios für die Verhandlungen
Das klassische Worst Case Szenario bei herausfordernden Verhandlungen ist der Abbruch der Verhandlungen durch eine der Parteien. Das führt bei Verhandlungen über Betriebsänderungen dann meistens zum Einsetzen einer Einigungsstelle – entweder auf freiwilliger Basis der Verhandlungsparteien oder durch Entscheidung des zuständigen Arbeitsgerichts, oder bei Einspruch dagegen dann durch das zuständige Landesarbeitsgericht in letzter Instanz.
Unmittelbar vor dem Erklären des Scheiterns kommt es dann meist zu Drohungen einer Verhandlungspartei, die Verhandlungen nun bei mangelnder Kooperationsbereitschaft scheitern zu lassen. Derartige Drohungen werden aber zumeist als Schuldzuweisungen von der Gegenseite verstanden. Von daher empfehle ich bei Verhandlungen zu Betriebsänderungen grundsätzlich auf Drohungen zu verzichten und anstelle dessen vielmehr mit Warnungen zu agieren, mit denen die Sorge ohne Schuldzuweisung ausgedrückt werden kann. Im Detail kann das dann in der Praxis wie folgt aussehen:
Fazit
Die Vorbereitung von Verhandlungen zu Betriebsänderungen erfordert eine sorgfältige Planung und strategisches Denken. Durch die zielgerichtete Ausrichtung der eigenen Argumentation als überzeugende Value Proposition, das Verstehen der Gegenseite, das Ausbalancieren verschiedener Zieltypen, die sorgfältige Teamauswahl, die gründliche Analyse der Verhandlungspartner und die Beachtung von Grundregeln wie „Tit for Tat“, positionieren Sie sich für einen erfolgreichen Verhandlungsprozess. Denken Sie daran, dass das Ziel nicht nur darin besteht, eine Einigung zu erzielen, sondern auch eine Grundlage für zukünftige positive Arbeitsbeziehungen zu schaffen.
Weitergehende Literaturempfehlungen
R. Fisher, W. Ury: Getting to Yes: Negotiating Agreement Without Giving In. 2. Auflage von 1991
Dieses Buch ist ein Klassiker im Bereich der Verhandlungsführung und bietet einen pragmatischen Ansatz, der auf dem Prinzip des „Principled Negotiation“ basiert. Es konzentriert sich auf das Finden von win-win-Lösungen und den Aufbau langfristiger Beziehungen.
C. Voss, T. Raz: Never Split the Difference: Negotiating as if Your Life Depended on It von 2017
Geschrieben von einem ehemaligen FBI-Unterhändler, bietet dieses Buch Einblicke in hochspannende Verhandlungsszenarien. Es vermittelt Techniken, die auf emotionaler Intelligenz und intuitiver Kommunikation basieren, um in jeder Verhandlungssituation erfolgreich zu sein.
M. Wheeler: The Art of Negotiation: How to Improvise Agreement in a Chaotic World von 2013
Dieses Buch bietet eine dynamische Perspektive auf Verhandlungen, betont die Bedeutung von Flexibilität und Anpassungsfähigkeit und zeigt, wie man auf unvorhersehbare und sich verändernde Umstände während einer Verhandlung reagieren kann.
K. Fitting et al: Betriebsverfassungsgesetz – Handkommentar, 31. Auflage von 2022
Dieser Kommentar bietet ausgewogene Lösungen für Konfliktfälle und genießt breite Akzeptanz bei Arbeitgebern, Betriebsratsgremien und Arbeitsgerichten. Er bietet schnellen Zugriff durch präzisen, praxisbezogenen Stil und erläutert Neuerungen im Zusammenhang mit den Betriebsratswahlen und dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz.
Inhaltsverzeichnis
Das erfolgreiche Vorbereiten von Verhandlungen zu Betriebsänderungen unter den Bedingungen des Betriebsverfassungsrechts (§ 111 Satz 3 BetrVG) ist für viele Entscheider und Personalleiter eine besondere Herausforderung: Eine solche Situation erfordert nicht nur betriebswirtschaftliches und arbeitsrechtliches Know-how, sondern vor allem auch ein hohes Maß an Verhandlungsgeschick und zielgruppenorientierter Planung. In diesem Blogbeitrag konzentrieren wir uns daher auf die Schlüsselelemente einer erfolgreichen Verhandlungsvorbereitung.
Die Kunst der Argumentation: Vorbereiten der eigenen „Value Proposition“
Das Fundament jedes Vorbereiten von Verhandlungen ist eine starke eigene Position bzw. „Value Proposition“. Die Leitfrage dazu lautet: Was ist das einzigartige Verkaufsargument der eigenen Position? Wie können Sie die eigenen Ziele in einer Weise so dargestellt werden, die für den Betriebsrat attraktiv ist? Es ist entscheidend, die eigenen Ziele nicht nur aus der eigenen Perspektive, sondern auch aus der des Betriebsrats zu betrachten. Dies erfordert eine detaillierte Analyse der eigenen Argumente und wie diese auf die Bedürfnisse und Erwartungen des Betriebsrats abgestimmt werden können. Dazu eignet sich u.a. auch ein sog. Value Proposition Canvas:
Das Herausarbeiten einer überzeugenden Value Proposition ist oftmals die Voraussetzung für meisterhaftes Verhandeln.
Verstehen der Gegenpartei beim Vorbereiten von Verhandlungen: Motive und Ziele
Ein tiefes Verständnis der Motive und Ziele des Betriebsrats ist unerlässlich. Was sind deren Hauptanliegen? Welche Kompromisse könnten sie akzeptieren? Diese Erkenntnisse helfen ungemein, die eigene Strategie so anzupassen, dass sie nicht nur die eigenen Ziele erreicht, sondern dabei auch die Bedürfnisse der Gegenseite berücksichtigt werden.
Operationalisierung der Ziele: Sach-, Beziehungs- und Prozessziele
Beim Vorbereiten auf Verhandlungen ist es wichtig, die eigenen Ziele in drei Kategorien zu unterteilen:
- Sachziele,
- Beziehungsziele und
- Prozessziele.
Sachziele beziehen sich auf konkrete Ergebnisse, wie z.B. Kostensenkungen oder Effizienzsteigerungen. Beziehungsziele fokussieren sich auf den Aufbau und Erhalt positiver Arbeitsbeziehungen, während Prozessziele die Art und Weise betreffen, wie die Verhandlungen geführt werden.
Eine ausgewogene Berücksichtigung aller drei Ziele führt dann zu einer ganzheitlicheren Verhandlungsstrategie. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist natürlich eine solide Finanzplanung mit unterschiedlichen Szenarien. Eine sehr überzeugende Methode für echte „Green-Field-Ansätze“ ist das sog. Zero-Based-Budgeting, bei der unterschiedliche Entscheidungsalternativen (Minimum Level vs. Maximum Level) für die jeweiligen Bereiche erstellt wurden.
Team-Zusammenstellung: Die richtige Mischung an Fähigkeiten und Kompetenzen
Die Auswahl und das Ausrichten des richtigen Verhandlungsteams ist entscheidend für das Vorbereiten von Verhandlungen. Ihr Team sollte eine Vielfalt an komplementären Fähigkeiten, Kompetenzen und Perspektiven bieten, um auf unterschiedliche Situationen und Dynamiken reagieren zu können. Experten in Arbeitsrecht, Finanzen, Kommunikation und HR sollten Teil des eigenen Teams sein, um eine umfassende Abdeckung aller relevanten Aspekte zu gewährleisten.
Zudem bedarf es besonderer Aufmerksamkeit der beiden Rollen des Verhandlungsführers und des Verhandlungssteuerers. Diese beiden unterschiedlichen Rollen sollten grundsätzlich nicht in Personalunion von einem Entscheider ausgeführt werden! Bei Einigungsstellenverfahren übernimmt zumeist der Einigungsstellen-Vorsitzende oder die -Vorsitzende die (formale) Aufgabe des Verhandlungssteuerers.
Analyse der Verhandlungspartner: Kenne Deinen Gegner
Eine gründliche Analyse der Mitglieder des Verhandlungsteams des Betriebsrats und ihrer individuellen Standpunkte, Erfahrungen und Verhandlungsstile ist unerlässlich. Dies ermöglicht es, maßgeschneiderte Strategien zu entwickeln, die auf die Überzeugung oder Neutralisierung spezifischer Schlüsselpersonen abzielen. Für eine zweckmäßige Analyse der Verhandlungspartner hat sich die nachfolge Methoden empfohlen; dies gilt insbesondere für nicht so erfahrene Verhandlungsteilnehmer:
Grundregeln der Verhandlung: „Tit for Tat“ und notwendige Sanktionen
Das Prinzip des „Tit for Tat“ – eine Form der Reziprozität, bei der Kooperation mit Kooperation und Konfrontation mit Konfrontation beantwortet wird – kann in Verhandlungen effektiv sein. Es ist wichtig, flexibel zu bleiben, aber auch Grenzen zu setzen und notwendige Sanktionen für unkooperatives Verhalten oder Verletzungen der Verhandlungsethik festzulegen.
Rechtzeitiges Vorbereiten eines Worst Case Szenarios für die Verhandlungen
Das klassische Worst Case Szenario bei herausfordernden Verhandlungen ist der Abbruch der Verhandlungen durch eine der Parteien. Das führt bei Verhandlungen über Betriebsänderungen dann meistens zum Einsetzen einer Einigungsstelle – entweder auf freiwilliger Basis der Verhandlungsparteien oder durch Entscheidung des zuständigen Arbeitsgerichts, oder bei Einspruch dagegen dann durch das zuständige Landesarbeitsgericht in letzter Instanz.
Unmittelbar vor dem Erklären des Scheiterns kommt es dann meist zu Drohungen einer Verhandlungspartei, die Verhandlungen nun bei mangelnder Kooperationsbereitschaft scheitern zu lassen. Derartige Drohungen werden aber zumeist als Schuldzuweisungen von der Gegenseite verstanden. Von daher empfehle ich bei Verhandlungen zu Betriebsänderungen grundsätzlich auf Drohungen zu verzichten und anstelle dessen vielmehr mit Warnungen zu agieren, mit denen die Sorge ohne Schuldzuweisung ausgedrückt werden kann. Im Detail kann das dann in der Praxis wie folgt aussehen:
Fazit
Die Vorbereitung von Verhandlungen zu Betriebsänderungen erfordert eine sorgfältige Planung und strategisches Denken. Durch die zielgerichtete Ausrichtung der eigenen Argumentation als überzeugende Value Proposition, das Verstehen der Gegenseite, das Ausbalancieren verschiedener Zieltypen, die sorgfältige Teamauswahl, die gründliche Analyse der Verhandlungspartner und die Beachtung von Grundregeln wie „Tit for Tat“, positionieren Sie sich für einen erfolgreichen Verhandlungsprozess. Denken Sie daran, dass das Ziel nicht nur darin besteht, eine Einigung zu erzielen, sondern auch eine Grundlage für zukünftige positive Arbeitsbeziehungen zu schaffen.
Weitergehende Literaturempfehlungen
R. Fisher, W. Ury: Getting to Yes: Negotiating Agreement Without Giving In. 2. Auflage von 1991
Dieses Buch ist ein Klassiker im Bereich der Verhandlungsführung und bietet einen pragmatischen Ansatz, der auf dem Prinzip des „Principled Negotiation“ basiert. Es konzentriert sich auf das Finden von win-win-Lösungen und den Aufbau langfristiger Beziehungen.
C. Voss, T. Raz: Never Split the Difference: Negotiating as if Your Life Depended on It von 2017
Geschrieben von einem ehemaligen FBI-Unterhändler, bietet dieses Buch Einblicke in hochspannende Verhandlungsszenarien. Es vermittelt Techniken, die auf emotionaler Intelligenz und intuitiver Kommunikation basieren, um in jeder Verhandlungssituation erfolgreich zu sein.
M. Wheeler: The Art of Negotiation: How to Improvise Agreement in a Chaotic World von 2013
Dieses Buch bietet eine dynamische Perspektive auf Verhandlungen, betont die Bedeutung von Flexibilität und Anpassungsfähigkeit und zeigt, wie man auf unvorhersehbare und sich verändernde Umstände während einer Verhandlung reagieren kann.
K. Fitting et al: Betriebsverfassungsgesetz – Handkommentar, 31. Auflage von 2022
Dieser Kommentar bietet ausgewogene Lösungen für Konfliktfälle und genießt breite Akzeptanz bei Arbeitgebern, Betriebsratsgremien und Arbeitsgerichten. Er bietet schnellen Zugriff durch präzisen, praxisbezogenen Stil und erläutert Neuerungen im Zusammenhang mit den Betriebsratswahlen und dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz.