Inhaltsverzeichnis

Wenn ich morgens das Haus verlasse, ins Büro fahre, arbeite, quatsche, abends noch in der Turmstraße in Moabit Falafel esse oder mich mit Freunden treffe geht’s mir meist ganz gut. Selbst wenn ich nachts nach Hause laufe, fühle mich doch recht sicher – nicht mehr und nicht weniger als noch vor Jahren. Und doch ist da eine unterschwellige Angst hinzugekommen, mal mehr, mal weniger präsent. Erst war da nur eine Sorge, aber mittlerweile packt mich das eiskalte Grauen. Immer dann, wenn ich durch die Kommentarspalte eines Nachrichtenartikels scrolle. Oder wenn ich die Umfragewerte sehe, mit einer AFD bei über zehn Prozent. Dann wird mir schlecht.

Ich habe mich in dieser Kolumne bis jetzt immer relativ schnell zu politischen Themen geäußert, aber die Flüchtlingssituation hat bisher nur in Form von Fragen Erwähnung gefunden. Die meisten der im August 2015 veröffentlichten Fragen sind nach wie vor offen. Ich habe bisher nicht viele Antworten gefunden, dafür ist die Situation aber noch schlimmer geworden.

Die Sache mit der Grenze

Die Rechte ist in Deutschland wieder stark. Was nicht per sé Angst bereiten würde; doch leider sprechen wir von einer Rechten jenseits verfassungsrechtlicher Grenzen. AFD-Gesicht Frauke Petry hält die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze mittels Waffengewalt für legitimiert – steht ja im Gesetz, sagt sie. Gesinnungsgenossin Beatrix von Storch legt noch eins drauf und bezieht ausdrücklich die Kinder und Frauen mit ein. Hier wird von Mitgliedern einer Partei, die gute Chancen auf den Einzug in den Landtag hat, das Schießen auf unbewaffnete Menschen gefordert, die vor Krieg, Tod & Hunger fliehen? Dass solche Dinge ausgesprochen werden, macht Angst. Dass solche Sätze Zuspruch finden, macht es noch schlimmer. Und dann geht es auch nicht mehr darum, wie beide Politiker ja ausdrücklich betonen, dass zunächst mal mehr Polizisten gebraucht würden, damit es dazu gar nicht erst komme. Nein, aus solchen Sätzen sprechen Menschenverachtung und oft auch Rassismus.

Die Sache mit dem Grundgesetz

In Artikel 16a unseres Grundgesetzes heißt es: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Praktisch heißt das, eine Obergrenze der Flüchtlinge ist nicht möglich. Es braucht die Einzelfallprüfung. Deshalb spricht Angela Merkel nicht von einer Obergrenze, denn für sie kommt eine Veränderung des Grundgesetzes nicht infrage – die AFD hat sie dafür ganz offiziell im Programm. Es ist Zeit, sich einmal daran zu erinnern, wann und unter welchen Umständen das Grundgesetz beschlossen wurde. Das war 1948 in Bonn, nach dem Nationalsozialismus, nach dem Zweiten Weltkrieg. Man hat damals eine der fortschrittlichsten Verfassungen der Welt geboren, mit der Menschenwürde als Grundlage. Und dieses Grundgesetz, das unsere Verfassung darstellt, wurde natürlich unter besonderer Berücksichtigung der Zeit des Nationalsozialismus verfasst. Denn damals haben wir Deutsche nicht nur Millionen von Juden umgebracht, sondern auch dafür gesorgt, dass 60 Millionen Menschen ihre Heimat verließen und geflüchtet sind. Eine Änderung dieses Artikels wäre damit politischer Rückschritt in die Zeit vor dem Nationalsozialismus. Mit der AFD im Gepäck. Das macht mir Angst.

Die Sache mit der Globalisierung

Menschen hierzulande kaufen Handys amerikanischer oder koreanischer oder japanischer Marken, das Kobalt darin wird in von bewaffneten Rebellen kontrollierten Gebieten in Afrika abgebaut. In der Mittagspause essen sie chinesisch, vietnamesisch, koreanisch, spanisch, italienisch, japanisch, oder einfach Döner. Ihre Klamotten werden in Bangladesh von Kindern genäht, die Baumwolle kommt aus Südamerika. Sie fliegen nach Thailand zum Vögeln, nach Las Vegas zum Zocken, nach Afrika für die Safari, nach Istanbul, weil die Stadt so schön ist und die Bazare so belebt. Und nach Mallorca, weil… ja warum eigentlich? Sie leben in einem der reichsten Länder einer globalisierten Welt voller Ungleichheit, bei der sie zu den Profiteuren gehören. Doch sie verschließen ihre Augen vor den Problemen der Welt, verneinen jede Verantwortung für Menschen, die am falschen Ort geboren sind, obwohl sie es selbst nur so gut haben, weil es den Menschen dort so scheiße geht. Die Eltern der Freunde ihrer Kinder kamen als Gastarbeiter aus der Türkei oder aus als Flüchtlinge vom Balkan. Und bisher hat die Flüchtlingskrise weder dafür gesorgt, dass das Weihnachtsgeld weggefallen ist, noch dass jemand weniger Essen auf dem Tisch hat. Aber die Unterkünfte brennen schon – und eine Handgranate wurde bereits eingesetzt. Das macht mir Angst.

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Wenn ich morgens das Haus verlasse, ins Büro fahre, arbeite, quatsche, abends noch in der Turmstraße in Moabit Falafel esse oder mich mit Freunden treffe geht’s mir meist ganz gut. Selbst wenn ich nachts nach Hause laufe, fühle mich doch recht sicher – nicht mehr und nicht weniger als noch vor Jahren. Und doch ist da eine unterschwellige Angst hinzugekommen, mal mehr, mal weniger präsent. Erst war da nur eine Sorge, aber mittlerweile packt mich das eiskalte Grauen. Immer dann, wenn ich durch die Kommentarspalte eines Nachrichtenartikels scrolle. Oder wenn ich die Umfragewerte sehe, mit einer AFD bei über zehn Prozent. Dann wird mir schlecht.

Ich habe mich in dieser Kolumne bis jetzt immer relativ schnell zu politischen Themen geäußert, aber die Flüchtlingssituation hat bisher nur in Form von Fragen Erwähnung gefunden. Die meisten der im August 2015 veröffentlichten Fragen sind nach wie vor offen. Ich habe bisher nicht viele Antworten gefunden, dafür ist die Situation aber noch schlimmer geworden.

Die Sache mit der Grenze

Die Rechte ist in Deutschland wieder stark. Was nicht per sé Angst bereiten würde; doch leider sprechen wir von einer Rechten jenseits verfassungsrechtlicher Grenzen. AFD-Gesicht Frauke Petry hält die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze mittels Waffengewalt für legitimiert – steht ja im Gesetz, sagt sie. Gesinnungsgenossin Beatrix von Storch legt noch eins drauf und bezieht ausdrücklich die Kinder und Frauen mit ein. Hier wird von Mitgliedern einer Partei, die gute Chancen auf den Einzug in den Landtag hat, das Schießen auf unbewaffnete Menschen gefordert, die vor Krieg, Tod & Hunger fliehen? Dass solche Dinge ausgesprochen werden, macht Angst. Dass solche Sätze Zuspruch finden, macht es noch schlimmer. Und dann geht es auch nicht mehr darum, wie beide Politiker ja ausdrücklich betonen, dass zunächst mal mehr Polizisten gebraucht würden, damit es dazu gar nicht erst komme. Nein, aus solchen Sätzen sprechen Menschenverachtung und oft auch Rassismus.

Die Sache mit dem Grundgesetz

In Artikel 16a unseres Grundgesetzes heißt es: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Praktisch heißt das, eine Obergrenze der Flüchtlinge ist nicht möglich. Es braucht die Einzelfallprüfung. Deshalb spricht Angela Merkel nicht von einer Obergrenze, denn für sie kommt eine Veränderung des Grundgesetzes nicht infrage – die AFD hat sie dafür ganz offiziell im Programm. Es ist Zeit, sich einmal daran zu erinnern, wann und unter welchen Umständen das Grundgesetz beschlossen wurde. Das war 1948 in Bonn, nach dem Nationalsozialismus, nach dem Zweiten Weltkrieg. Man hat damals eine der fortschrittlichsten Verfassungen der Welt geboren, mit der Menschenwürde als Grundlage. Und dieses Grundgesetz, das unsere Verfassung darstellt, wurde natürlich unter besonderer Berücksichtigung der Zeit des Nationalsozialismus verfasst. Denn damals haben wir Deutsche nicht nur Millionen von Juden umgebracht, sondern auch dafür gesorgt, dass 60 Millionen Menschen ihre Heimat verließen und geflüchtet sind. Eine Änderung dieses Artikels wäre damit politischer Rückschritt in die Zeit vor dem Nationalsozialismus. Mit der AFD im Gepäck. Das macht mir Angst.

Die Sache mit der Globalisierung

Menschen hierzulande kaufen Handys amerikanischer oder koreanischer oder japanischer Marken, das Kobalt darin wird in von bewaffneten Rebellen kontrollierten Gebieten in Afrika abgebaut. In der Mittagspause essen sie chinesisch, vietnamesisch, koreanisch, spanisch, italienisch, japanisch, oder einfach Döner. Ihre Klamotten werden in Bangladesh von Kindern genäht, die Baumwolle kommt aus Südamerika. Sie fliegen nach Thailand zum Vögeln, nach Las Vegas zum Zocken, nach Afrika für die Safari, nach Istanbul, weil die Stadt so schön ist und die Bazare so belebt. Und nach Mallorca, weil… ja warum eigentlich? Sie leben in einem der reichsten Länder einer globalisierten Welt voller Ungleichheit, bei der sie zu den Profiteuren gehören. Doch sie verschließen ihre Augen vor den Problemen der Welt, verneinen jede Verantwortung für Menschen, die am falschen Ort geboren sind, obwohl sie es selbst nur so gut haben, weil es den Menschen dort so scheiße geht. Die Eltern der Freunde ihrer Kinder kamen als Gastarbeiter aus der Türkei oder aus als Flüchtlinge vom Balkan. Und bisher hat die Flüchtlingskrise weder dafür gesorgt, dass das Weihnachtsgeld weggefallen ist, noch dass jemand weniger Essen auf dem Tisch hat. Aber die Unterkünfte brennen schon – und eine Handgranate wurde bereits eingesetzt. Das macht mir Angst.