Hochsensible Mitarbeiter – Introvertierte Tarnkappenträger mit großem Talent zum Wertschätzen
In der Ruhe liegt die Kraft! Viele Menschen kennen und schätzen diesen Spruch. Aber es gibt auch viele Führungskräfte, die sog. α-Tiere, die mit nach Ruhe strebenden Mitarbeitern nur wenig, bisweilen sogar überhaupt nichts anfangen können. Der Grund hierfür liegt zumeist in den unterschiedlichen Persönlichkeiten – und da gibt es eben neben den Extrovertierten vor allem auch eine gehörige Anzahl an introvertierten – also zurückhaltenden – Menschen. Für die Masse der Extrovertierten ist es zumeist sehr schwer, sich wirklich auf diese zurückhaltenden Menschen einzustellen bzw. sich sogar darauf ein zulassen. Allerdings habe ich auch an mir selber festgestellt, dass oft auch einfach das Wissen über die besonderern Fähigkeiten der sensiblen Menschen fehlt. Doch geht es hierbei nicht um eine akademische Auseinandersetzung mit diesem Phänomen, sondern vielmehr um ein Plädoyer für die damit verbundenen Chancen für beide Seiten.
Hochsensible Mitarbeiter – Eine echte Bereicherung!
Stellen Sie sich dazu einfach folgende Situation vor: Ein Unternehmensvorstand geht – aufgrund hervorragender, fachlicher Analysen seiner Mitarbeiter mit einem hohen Maß an Optimismus in eine herausfordernde (Preis)Verhandlung mit einem Lieferanten. Die eigene Argumentationslinie wurde mehrfach auf die wesentlichen Kernaussagen „rehearselt“ und mit bildgewaltigen Folien zur Unterstützung verfeinert. Alles läuft nach Plan. Nur keiner der Anwesenden bekommt bereits am Anfang die zurückhaltenden Stimmung des Gegenübers mit, weil alle einfach zu sehr mit sich selber beschäftigt sind.
Wäre es hier nicht hilfreich, einen sensiblen Mitarbeiter mit einem hohen analytischen Sachverstand – d.h. der also rasch zum wesentlichen Kern vordringen kann – an seiner Seite zu wissen? Und dies umso mehr, wie es dieser Beratungsperson bereits nach kürzester Zeit klar wird, das beide Parteien irgendwie aneinander vorbei reden. Würde dies aber deutlich besser gelingen, so wären derartige neue Beziehungen wirkliche Bereicherungen – und dies nicht nur für das berufliche Umfeld.
Hochsensibilität – Beschreibung des Phänomens
Hochsensibilität ist immer noch ein Thema mit geringer Bekanntheit in unserer Gesellschaft. Hierbei geht es vor allem um die sog. zurückhaltenden Menschen. Also diejenigen, die auf leise Weise ihr Leben meistern. Und das ist für sie oftmals gar nicht so einfach. Denn sie nehmen ständig deutlich mehr Nuancen und Feinheiten wahr, als die Masse von uns. Nur dieses Vielfache an Informationen müssen sie mit dem gleichen Gehirn verarbeiten, das allen anderen Menschen auch zur Verfügung steht. Und das wiederum schränkt ihre Leistungsfähigkeit in einer extrovertierten Gesellschaft auf den ersten Blick oftmals sehr ein. Aufgrund ihrer höheren Gehirnaktivitäten benötigen sie längere Regenerationspausen und Rückzugsräume, können viele Dinge nicht parallel zu Ende bringen – aber wer kann das schon wirklich? – und sie streben nach Perfektion. Das wissen die hochsensiblen Mitarbeiter aber zumeist auch – und von daher trauen sie sich leider oftmals selber nicht viel zu.

All diese Eigenschaften können aber im Zusammenwirken zwischen hochsensiblen Mitarbeitern und „Normalos“ komplementär zum Einsatz gebracht werden. Geschieht das dosiert und vor allem mit einer feinfühligen Justierung, dann kann und wird auch echt Neues das Ergebnis sein. Voraussetzung dafür ist aber, der achtsame Umgang mit diesen Fähigkeiten – und dies gilt für alle Beteiligten.
Ihr Hochsensiblen Mitarbeiter – greift doch mal nach den Sternen
Eine schöne humorvolle Selbstbeschreibung eines hochsensiblen Menschen gibt Gunter Dueck in dem folgenden Video-Cast:
Bemerkenswert finde ich zunächst die Bewertung von Dueck, dass hochsensible Mitarbeiter grundsätzlich β-Tiere sind. Hiermit sind also die Zurückhaltenden in der zweiten Reihe gemeint, die den α-Tieren die „soziale Kampfbühne“ überlassen – völlig wirkungslos aber dafür vor allem mit dem notwendigen Durchblick ausgestattet sind. Also diejenigen, die Bescheid wissen, wie die Dinge laufen. Besonders interessant finde ich aber vor allem seine These, dass die erfolgreichen unter den Hochsensiblen auch noch über einen „10%-Ω-Anteil“ verfügen – d.h. also einen sehr destruktiven Charakter aufgrund ihrer letzten Stelle in der Nahrungskette – haben. Hier geht es also um die Eigenschaft, das Ganze grundsätzlich in Frage stellen zu können. Und diese Fähigkeit kann sich jeder auch selber aneignen.
Nun ist Gunter Dueck schon eine „Marke“ für sich. Er hat trotz oder gerade wegen seiner Hochsensibilität eine Menge in seinem bisherigen Leben erreicht. Und diejenigen, die ihn schon einmal persönlich kennengelernt haben, nehmen ihm auch wirklich ab, dass er die Welt wirklich ein wenig besser machen möchte. Das ist für ihn nicht nur eine Phrase. Aber Gleiches gilt auch für die Masse der anderen hochsensiblen Menschen.
Hochsensible Mitarbeiter – Segen und/ oder Fluch zugleich?!
Die typischen bzw. besonderern Begabungen von hochsensiblen Mitarbeitern habe ich holzschnittartig in dem folgenden MindMap ausgewiesen:

Auf den ersten Blick wird deutlich, dass sich viele Normalos oft nach derartigen Begabungen bzw. Fähigkeiten sehnen. Viele suchen deshalb ihr Heil in unterschiedlichen Weiterqualifizierungen. Nur wer hier wirklich gut sein will, und kaum ausgeprägte Fähigkeiten erst einmal erwerben oder rudimentär vorhandene Qualifikationen weiter ausbauen will, benötigt dazu viel Energie, eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und auch Frustrationspotential sowie vor allem langen Durchhaltewillen.
Aber lassen Sie uns noch eine Ebene tiefer blicken und diese Fähigkeiten weiter aufblättern. Und wie so vieles im Leben stehen den Chancen oft auch deutliche Risiken gegenüber.

Neben den Chancen sollten die Führungskräfte aber auch die Risiken kennen und im täglichen Umgang miteinander berücksichtigen. Dabei erleichtert es aber die Führungsarbeit ungemein, dass die hochsensiblen Mitarbeiter ebenfalls um diese Risiken wissen. Denn diese Risiken sind es, die sie teilweise regelrecht wahnsinnig werden lassen. Doch auch die besonders hochsensiblen Mitarbeiter haben mit der Zeit gelernt, mit diese Facetten ihrer Persönlichkeit irgendwie umzugehen. Und das ist wahrlich für die meisten von ihnen kein Zuckerschlecken. Aber sie haben diese Erfahrungen gemacht und können interessierten Dritten oftmals auch einen sehr intensiven Einblick in ihr eigenes Seelenleben bzw. -leiden geben. Wie das aussehen kann, wird u.a. im Artikel „Wie eine Schnecke ohne Haus“ auf „Zeit online“ anschaulich dargestellt.
Vor allem verfügen viele hochsensiblen Mitarbeiter über die besondere Fähigkeit, echtes und vertrauensvolles Interesse für die individuellen Belange Dritter zu geben. Ein Wert, der in unserer hektischen Welt, die bereits für viele Kinder mit hohem Leistungsdruck verbunden ist, nicht groß genug wertgeschätzt werden kann. Voraussetzung hierfür sind die richtigen Rahmenbedingungen, wie möglichst stressfreie Umgebung, angemessene Erholungsphasen, adäquate Rückzugsräume und dergleichen mehr.
Zusammenarbeit mit hochsensiblen Mitarbeiter – eine Gratwanderung?
Hochsensible Menschen benötigen eine lange Zeit, um sich über Ihre Fähigkeiten Klarheit zu verschaffen. Manche schaffen es leider auch nie. Und mit Blick auf die o.a. faszinierenden Fähigkeiten ist dieses „Leider“ wirklich ernst gemeint. In dem richtigen Kontext eingesetzt, harmonisch mit anderen komplementären Fähigkeiten von Normalos verbunden, kann hier eine sehr erfolgreiche und vor allem sich gegenseitig bereichernde Symbiose entstehen und gedeihen. Aber dies ist am Anfang eine Gratwanderung. Hierüber müssen sich alle Beteiligten im Klaren sein.
Wenn die Mitarbeiter achtsam miteinander umgehen, die Stärken jedes Einzelnen mit seinen individuellen Begabungen und Fähigkeiten nicht als Bedrohung im Sinne von Unverstandenes sondern vielmehr als Bereicherung ihres eigenen Fähigkeiten-Sets verstehen, dann bildet dies die Grundlage für eine sich gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit. Aus organisatorischer Sicht überwiegen hier eindeutig die Chancen um die vorhandene Führungskompetenz dadurch deutlich zu bereichern und die eigene Leistungsfähigkeit nachhaltig zu steigern.
Die Antwort auf die Frage aus den letzten Teilüberschriften lautet also ganz einfach: Weder noch, sondern vor allem Bereicherung der Führungskompetenz.
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Hallo Stefan,
eine kleine Ergänzung.
hochsensible Menschen haben es verdammt schwer in unserer Gesellschaft, werden oft zu Außenseitern. Ich kenne selbst ein paar Menschen, auf die das teils leicht, teils extrem zutrifft.
Dass diese Menschen es schwerer haben, liegt vor allem daran, dass sie bereits in der Schulzeit zu den „Aussortierten“ gehören, obwohl ihre Fähigkeiten denen anderer in nichts nachstehen, in Sachen Intelligenz sind sie oftmals sogar überlegen. Aber mündliche Mitarbeit zählt und wer nicht redet und in gewissem Maße extrovertiert ist, verliert. Dass das per sé nicht jedermanns Sache ist, spielt dabei keine Rolle. Genau dieser Fehlstart ist es meiner Meinung nach auch, der dazu führt, dass diese Menschen – wie du ja schreibst – manchmal nie wirklich herausfinden, was eigentlich in ihnen steckt.
Beste Grüße
Benedikt
Hallo Benedikt,
danke für Deine Ergänzung. Damit hast Du völlig recht und es deckt sich auch mit meinen Beobachtungen und Erfahrungen. Allerdings wollte ich mit dem Artikel vor allem mal auf die Vorzüge der (hoch)sensiblen Menschen im beruflichen Kontext hinweisen. Dabei habe ich aber auch gemerkt, dass ein Artikel hierfür nicht ausreichend ist. Von daher werde ich hierzu eine kleine Reihe über die nächsten Monate aufsetzen. Lade doch dann dazu einfach Deine Bekannten ein; gerne auch für weiteres Feedback zu diesem Thema.
Beste Grüße
Stefan
Hallo Herr Bornemann,
eine Anmerkung hätte ich zu dem Artikel: es werden etwas „achtlos“ die Begriffe „Hochsensibel“ und „Introvertierte“ durcheinandergeworfen – das ist meiner Ansicht nach jedoch irreführend. Einem der beiden Grundtypen „Intro“ oder „Extro“ gehört jeder an, aber Hochsensible sind noch einmal eine besonders kleine Untergruppe (vermutlich nur der Introvertierten, aber da wäre ich mir gar nicht mal sicher). Ein Hochsensibler ist besonders sensibel in seiner Sinneswahrnehmung, nimmt Geschmäcker, Gerüche, Geräusche erheblich intensiver und umfassender wahr.
Die Introvertierten sind diejenigen die, anders als Extrovertierte, ihre Kraft nicht unbedingt aus anderen Menschen und Geselligkeit schöpfen, sondern aus Ruhe und Rückzug. Nicht notwendigerweise haben diese besonders empfindliche Wahrnehmungen. Dennoch kann (sollte) man natürlich versuchen, ihre Fähigkeiten und besonderen Qualitäten auch im beruflichen Umfeld zu fördern, und zu unterstützen.
Als weitergehende Lektüre empfiehlt es sich z.B. bei Sylvia Löhken vorbeizusehen, die zum Thema Intro/Extro zwei Bücher geschrieben hat (http://www.intros-extros.com/)
Mit besten Grüßen
Gregor Prahl
Hallo Herr Prahl,
haben Die vielen Dank für Ihren Kommentar. Insbesondere Ihre Differenzierung zwischen Hochsensiblen und Introvertierten ergänzt den Beitrag prima. Zudem werde ich diese Gedanken für einen der nächsten Beiträge aufgreifen und dabei auch auf Ihre zusätzliche Literaturempfehlung eingehen.
Mit besten Grüßen
Stefan Bornemann