Change Management nach Kurt Lewin

Auftauen, ändern, stabilisieren: Change Management nach Kurt Lewin

Kurt Lewin war weder Management-Guru, noch Unternehmer. Er war vielmehr Psychologe und Sozialwissenschaftler. Lewin analysierte Veränderungsprozesse in der Gesellschaft oder kleineren sozialen Gruppierungen. Letztendlich hat er dabei charakteristische Phasen eines erfolgreichen Change Managements, aber auch typische, emotionale Reaktionen und Effizienzveränderungen identifiziert. Wer mit Change Management zu tun hat und es anwenden muss, sollte diese charakteristischen Phasen kennen. Der Grund liegt auf der Hand: Wer mit diesem Teil der Theorie nicht vertraut ist, wundert sich, warum die Effizienz in der Phase eines Veränderungsprozesses sinkt oder warum die Belegschaft bei der Ankündigung der Veränderungen geschockt ist. Doch das sind absolut typische Merkmale des Veränderungsprozesses, die zwar den richtigen Umgang erfordern, aber nicht zwingend Grund zur Sorge sind.

Change Management auf der Sachebene

Um den Ablauf der psychologischen Phasen darzustellen, sollte man sich zunächst einmal ansehen, was im Rahmen des Change Managements auf der Sachebene passiert. Jede Veränderung beginnt mit der Vorbereitung und Planung. Das Problem muss identifiziert werden, ein Change-Manager und ein Change-Team muss her. Wenn der Change durch einen Berater oder einen externen Manager begleitet werden soll, muss dieser auch von Anfang an mit im Boot sitzen. Dann steht die Situationsanalyse an, für die die üblichen Hilfsmittel zur Verfügung stehen: Benchmarks, Befragungen, SWOT-Analyse, Stakeholder-Analyse, etc.


 

Planung von umfassenden Transformations-Vorhaben

Die CORONA-Pandemie in diesem Jahr war und ist für viele Unternehmen ein Schock. Umsätze brachen innerhalb weniger Wochen einfach weg. Globale Lieferketten lösten sich teilweise einfach auf. Demgegenüber war und ist die CORONA-Pandemie ein echter Booster für die Nutzung digitaler Formate und Tools. Von heute auf Morgen mussten viele Unternehmen feststellen, dass sie einerseits auch selbst Teil des Problems sind und andererseits auch gleichzeitig Teil der Lösung sein können. Das hat zum Teil deutliche Spuren hinterlassen. Dazu haben wir in einem gesonderten Beitrag aus dem Sommer 2020 aufgezeigt, welche Chancen eine grundsätzliche strategische Neuausrichtung bringt, welche Planungs-Überlegungen dazu wirklich wichtig sind und welches (Change)Framework hierfür zweckmäßig ist. … hier weiterlesen >



Im nächsten Schritt geht es um die Ausarbeitung des Konzepts, inkl. Auswahl der Strategie (Bottom-up, Top-down, Both-directions). TCP-Matrix, Kommunikationsmatrix und Balanced Score-Card als Instrumente infrage. Anschließend kommt der entscheidende Schritt der Implementierung. Klare Zeitvorgaben sind ebenso wichtig wie regelmäßiger Austausch über den Fortschritt und etwaige Probleme. Alle Veränderungen müssen ausführlich kommuniziert werden, zusätzlich sollte es einen Zuständigen für Fragen jedweder Art geben. Der letzte Schritt beinhaltet die Kontrolle, es wird geprüft, ob Nachjustierungen nötig sind.

Change Management nach Kurt Lewin

Der typische Verlauf der Betriebsleistung während eines umfangreichen Veränderungsprozesses.

Antreiber vs. Widerstände

Kurt Lewin geht davon aus, dass es in jeder Organisation „Driving forces“ und „Restraining forces“ gibt, sprich Kräfte, die den Wandel antreiben und Kräfte, die dem Wandel entgegenwirken. Damit es zu Veränderungen kommt, müssen die Driving forces gestärkt werden – und das ist Aufgabe des Change Management. Da diese Kräfte von den Mitarbeitern ausgehen, ist es wichtig die Mitarbeiter von Anfang an am Wandel zu beteiligen. Sie müssen vom Wandel überzeugt werden, um selbst zur treibenden Kraft zu werden. Das ist viel Arbeit, zahlt sich allerdings aus. Kurt Lewin führt die einzelnen Abschnitte eines Veränderungsprozesses im 3-Phasen-Modell auf:

Phase 1: „Unfreezing“

Die erste Phase wird als „Unfreezing“ oder „Auftauen“ bezeichnet. In dieser Phase muss das Kräftegleichgewicht zugunsten der antreibenden Kräfte verlagert werden. Es geht darum, eine grundsätzliche Bereitschaft für den Wandel zu schaffen. Dies erfolgt durch offene Kommunikation, die insbesondere die Frage klärt, warum Veränderungen überhaupt nötig sind.

Phase 2: „Changing“

In der zweiten Phase kommt es zur Implementierung der Veränderungen. Die Leistungskurve des Betriebs sinkt in dieser Phase vorerst ab. Unternehmer und Manager müssen sich darüber im Klaren sein, dass dieser Leistungsabfall Teil des Veränderungsprozesses ist. Die Mitarbeiter müssen sich erst einmal den neuen Gegebenheiten anpassen, was eine gewisse „Einarbeitungszeit“ benötigt. In dieser Phase müssen auch die letzten Widerständler überzeugt werden. Der Leistungsabfall ist aber durchaus zu beeinflussen: In dieser Phase zahlt sich deutlich aus, inwieweit die vorherige Kommunikation ein Erfolg war. Je besser die Mitarbeiter über den Veränderungsprozess informiert sind, desto weniger Fragen bleiben offen – folglich geht die Annahme der neuen Gegebenheiten und die Anerkennung als Vorteil umso schneller.

Phase 3: „Refreezing“

In der dritten Phase muss das kontinuierliche Leistungsniveau wieder hergestellt werden. Selbstverständlich sollte dieses Leistungsniveau höher liegen, als noch vor der Veränderung. Je nachdem was verändert wurde, neigen Mitarbeiter und auch Führungskräfte dazu, in alte Muster und Arbeitsweisen zurückzufallen. Damit das nicht passiert ist eine fortführende Ist-Analyse unabdingbar. Letztendlich sind die Veränderungen erst stabil, wenn sie auch im Unterbewusstsein angenommen werden. Wenn sie Teil des Alltags sind und keine besondere Beachtung mehr verlangen.

Der Faktor Mensch ist entscheidend

Ich stelle beim Thema Change Management ganz bewusst den Faktor Mensch in den Mittelpunkt. Natürlich muss das Change Management auch fachlich einwandfrei sein. Planung und Umsetzung sollten keine Unstimmigkeiten enthalten. Aber wer dem Faktor Mensch von Anfang an die höchste Priorität verleiht, sprich Meinungen einholt, Umfragen macht, für Fragen der Mitarbeiter offen steht, transparent ist, mindert gleichzeitig das Risiko Fehler zu machen. Der Grund liegt auf der Hand: Transparenz funktioniert als Kontrollorgan. Wenn es Unstimmigkeiten gibt, kommen die bei offener Kommunikation durch Nachfragen zutage. Außerdem führt die Kommunikation dazu, Abläufe wieder und wieder durchzugehen, was wiederum Fehler aufdecken kann.Diese oben beschriebenen Phasen korrelieren mit dem emotionalen Prozess, der bei Veränderungen in jedem einzelnen abläuft. Um diese emotionalen Phasen wird es in meinem nächsten Artikel gehen. Ihre Kenntnis ist im Change Management hilfreich, denn sie hilft dabei, typisches Verhalten zu erkennen und nicht überstürzt mit negativen Emotionen umzugehen.