Aufwände

Ein guter Projektmanager schätzt Kapazitäten und Aufwände realistisch ein!

Kapazitäten und Aufwände, sind neben der zeitlichen Komponente, die am meisten falsch eingeschätzten Größen des Projektmanagements. In der Praxis stelle ich dabei auch immer wieder erstaunliche Lernresistenzen fest: So werden die Schätzungen gern aus ähnlichen, vergangenen Projekten übernommen. Das ist völlig legitim, es fragt aber oft niemand, ob die Schätzungen damals überhaupt gepasst haben, geschweige denn, ob die Schätzungen den heutigen Gegebenheiten angepasst werden müssen. Und dabei spielen nicht nur „Ressourcenpreise“ eine Rolle, sondern auch Veränderungen in Sachen Personal und Zuständigkeit. Wie ermittelt man also Engpässe und realistische Aufwandseinschätzungen?

Der Personalaufwand ist der Riese unter den Aufwänden

In der Regel sind die Personalaufwände die schwerwiegendste Größe in der Projektarbeit. Daher ist auch klar, warum die exakte Planung von so großer Wichtigkeit ist. Fehleinschätzungen jeglicher Art führen in der Regel dazu, dass Personal an der einen Stelle nicht ausgelastet ist, während an anderer Stelle eine Überbeanspruchung stattfindet. Das passiert zudem immer dann, wenn Arbeitsschritte voneinander abhängig sind und ein Teil der Projektgruppe noch auf die Fertigstellung eines anderen Teils warten muss.

Die Verfahren zur Aufwandseinschätzung

Es gibt unterschiedliche Verfahren zur Aufwandseinschätzung, deren detaillierte Erklärung an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde. Trotzdem möchte ich sie kurz erwähnt haben. Bei der Analogiemethode und der Relationenmethode bezieht man sich auf vergangene, ähnliche Projekte. Der Unterschied: Bei der Analogiemethode wird die Anpassung an aktuelle Rahmenbedingungen durch den Schätzer vollzogen, bei der Relationenmethode folgt die Anpassung einem formellen Ablauf. Demgegenüber wird bei der Multiplikatormethode das Ergebnis in Teile zerlegt, deren Aufwände sich in Einheiten angeben lassen, z.B. Mitarbeitermonate. Anschließend wird auf das Gesamtprojekt hochgerechnet. Das Problem hier ist der nicht-lineare Zusammenhang zwischen der Anzahl der Teilprodukte und dem Erstellungsaufwand, von dem hier aber ausgegangen wird. Parametrische Schätzgleichungen beziehen sich auf eine Gruppe von vergangenen Projekten. Mit Korrelationsanalysen können so Einflussfaktoren gefunden werden, „deren wertmäßige Ausprägung in einem engen Zusammenhang mit dem angefallen Aufwand steht“¹.  Zu guter letzt gibt es natürlich auch noch die Experteneinschätzung, durch den Projektleiter oder mehrere fachkundige Mitarbeiter.

Der Kapazitätsausgleich via Belastungsdiagramm

Wurden die entscheidenden Aufwände geschätzt, müssen sie gegenüber den Kapazitäten aufgeführt werden. Ein Belastungsdiagramm bietet eine zweckmäßige Möglichkeit, Kapazitätsengpässe/Belastungsspitzen zu erkennen und auszugleichen. Man führe also die Belastung gegenüber der Zeit auf. Belastungsspitzen lassen sich dann über die Zeitdimension ausgleichen:

Aufwände

Der Kapazitätsausgleich auf Basis eines Belastungsdiagramms (vgl. Hans-D. Litke, Projektmanagement, S. 108f)

Nun sieht der Kapazitätsausgleich mithilfe des Belastungsdiagramm sehr simpel aus. Tatsache ist aber, dass jede zeitliche Verschiebung von Teilstücken des Projektes auch eine direkte Konsequenz für die Terminierung hat. Gleichzeitig sind Teilstücke voneinander abhängig; man kann also ihre Reihenfolge nicht beliebig verändern. Die weitreichenden Wechselwirkungen müssen beim Belastungsausgleich berücksichtigt werden, was je nach Projektgröße ein schwieriges Unterfangen ist. Trotzdem sollten diese Schritte durchgeführt werden, denn es liegt schließlich im Sinn der Projektplanung, Schwierigkeiten schon zu Beginn zu erkennen und zu minimieren. Natürlich kann  auf die detaillierte Kapazitätsplanung auch verzichtet werden. Das Ende vom Lied sind dann aber i.d.R. Überstunden und Nachtschichten, die die Mitarbeiter leisten müssen, da die benötigte Kapazität die vorhandene übersteigt. Wenn sich diese Materie auch sehr theoretisch anfühlt, sie ist in der Praxis Gold wert! ¹Hans-D. Litke, Projektmanagement, S. 115.