Betriebsstilllegung – Wenn es hart auf hart kommt
Die Betriebsstilllegung, bzw. die Betriebsschließung ist der Sargnagel einer Betriebsstätte. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie in der Regel die betriebsbedingte Kündigung, ohne Betriebsrat gibt es nicht einmal die Möglichkeit zu verhandeln. Die letzte Chance besteht in einem Betriebsübergang oder einer Änderungskündigung – zwei Themen mit denen ich mich bereits in anderen Artikeln auseinandergesetzt habe. Doch welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber wenn es wirklich zur (Teil)Schließung kommt?
Eine Betriebsstilllegung hat nicht zwingend etwas mit einer Insolvenz zu tun
Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen, geht die Betriebsstilllegung natürlich oft mit einer Insolvenz des Unternehmens einher. Doch das lässt sich keinesfalls pauschalisieren. Ein „Betrieb“ besteht aus einer räumlich-organisatorischen Einheit (Stichwort: wirtschaftliche Einheit). In der Regel geht es also um eine einzelne Betriebsstätte, bzw. einen einzelnen Standort. Das Unternehmen, zu dem die Betriebsstätte gehört, kann diese auch dann schließen, wenn das Geschäft floriert. Denn die Schließung ist eine freie unternehmerische Entscheidung, die zwar begründet werden sollte, aber überhaupt nur dann verhandelt werden kann, wenn es einen Betriebsrat gibt.
In der Realität haben die Betriebsschließungen gesunder Unternehmen immer einen faden Beigeschmack. Das Stichwort lautet dann oft „Gewinnmaximierung“: Betriebsstätten werden geschlossen, obwohl sie schwarze Zahlen schreiben; nur aus dem Grund, dass woanders noch bessere schwarze Zahlen geschrieben werden könnten. Zu den bekanntesten Fällen zählen die Schließung des Nokia Standortes in Bochum und, ebenfalls in Bochum, die drohende Werksschließung von Opel. Der Streit um das 3000-Mitarbeiter-Werk der GM-Tochter hat erst vor wenigen Tagen an Brisanz gewonnen: Der Betriebsratschef Rainer Einenkel hat den Konzernvorstand verklagt. Angeblich sei der Aufsichtsrat nicht ausreichend über die Verlagerung der Produktion des Opel Zafira nach Polen informiert worden. Man kann diese Maßnahme wohl nur noch als letzten Strohhalm bezeichnen, nachdem der Betriebsrat greift. Denn wie viele Experten halte ich die Chancen auf einen Erfolg der Klage für äußerst gering. Dennoch werden an dieser Geschichte zwei Dinge deutlich: Erstens ist die Betriebsschließung als „freie unternehmerische Entscheidung“ doch nicht ganz so einfach, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag Zweitens spielt der Betriebsrat die entscheidende Rolle bei jeglichen Verhandlungen und Streitigkeiten. Ohne Betriebsrat wäre die Schließung des Opel-Werkes in Bochum nämlich schon seit Jahren besiegelt.
Die Rolle des Betriebsrates
Die Arbeitnehmerrechte werden im Fall einer Betriebsstilllegung durch den Betriebsrat vertreten. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, den
„Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten“ (§ 111 Satz 1 BetrVG).
Bei dieser Beratung, bzw. bei diesem Interessenausgleich ist zunächst die Betriebsstilllegung selbst Gegenstand der Diskussion. Allerdings muss es dabei nicht zwingend zu einer Einigung kommen. Es gilt lediglich eine Verhandlungspflicht für den Arbeitgeber. Anders sieht es hingegen bei der Verhandlung des Sozialplans aus: Kommt es hier zu keiner Einigung, entscheidet die Einigungsstelle.
Lässt sich eine Kündigung aufgrund einer Betriebsschließung anfechten?
Nein, in der Regel nicht. Die betriebsbedingte Kündigung, die im Falle einer Betriebsstilllegung ausgesprochen wird, lässt sich kaum anfechten. Denn der Bedarf an Arbeitskräften fällt im Falle der Schließung komplett weg. Wenn alle Mitarbeiter gekündigt werden, gibt es auch keine Sozialauswahl und auch Betriebsratsmitglieder werden in diesem Fall gekündigt. Einzige Möglichkeit ist gegebenenfalls der Wechsel an einen anderen Standort oder der Wechsel des Arbeitgebers, falls es sich letztendlich doch um einen Betriebsübergang handelt.
Mein Tipp für Arbeitnehmer: Sollte es Gerüchte über eine Betriebsstilllegung geben, muss so schnell wie möglich ein Betriebsrat her, und das BEVOR die Schließung offiziell ist. Ohne Betriebsrat keine Verhandlung, kein Sozialplan, keine Abfindungen.
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Hallo
120 Mitarbeiter sind wegen einer Betriebsstilllegung gekündigt wurden.nach dem alle ihre Kündigung erhalten haben,erfahren wir das trotzdem einzelne Abt. durch Einsatz von Leiharbeitern,die wir bereits anlernen weiter geführt werden!
Wie lange steht nicht fest!
Wir gehen in eine Auffanggesellschaft für 9 Monate und erhalten eine Abfindung!
Unser Betriebsrat unternimmt nichts dagegen .Frage was können wir machen ?Ist diese Vorgehensweise vom Gesetz her erlaubt?Kann ich Klage einreichen ? Habe aber keinen Rechtsschutz bin aber in der Gewerkschaft.
Gruß Andre
Hallo Andre,
eine Betriebsstilllegung ist i.d.R. eine sog. unternehmerische Entscheidung bzw. Unternehmerentscheidung. Diese ist für den Arbeitgeber zumeist einfach zu begründen. Arbeitsgerichte prüfen bei Kündigungsschutzverfahren in diesem Zusammenhang auch im Wesentlichen nur, ob eine unternehmerische Entscheidung als Voraussetzung für die betriebsbedingte Kündigung vorgelegen hat. Ob diese zweckmäßig ist oder auch nicht, wird hingegen nicht bewertet. Wenn der Entschluss des Unternehmens nachvollziehbar vor der Kündigung vorlag, ist dies nach deutschem Arbeitsrecht auch sozialverträglich. Verstärkt wird diese Position zumeist dann, wenn es im Vorfeld schon Abstimmungen mit dem Betriebsrat gegeben hat. Zudem könnte ich mir vorstellen, dass hierzu auch die Bundesagentur für Arbeit – über das Instrument der Anzeige einer geplanten Massenentlassung – eingebunden war und diesem Vorhaben dann auch vermutlich zugestimmt hat. Der Betriebsrat kann deshalb hiergegen daher auch nicht viel unternehmen. Zumal die Bildung einer Auffanggesellschaft und die Abfindungen sicherlich zwischen der Unternehmensleitung und dem Betriebsrat ausgehandelt worden sind.
Zum Punkt „Einsatz von Leiharbeitern“ kommt es vor allem auf den Zeitpunkt für diese Entscheidung an; soll heißen: Die Entscheidung zum Einsatz der Leiharbeiter muss – aufgrund neuer Erkenntnisse – nach der Aussprache der Kündigung erfolgt sein. Denn es spricht grundsätzlich nichts dagegen, dass die notwendigen Restarbeiten durch „Subunternehmen“ durchgeführt werden. Waren die „Leiharbeiter“ allerdings schon vorher – also vor den Kündigungen – an Bord, dann wird es für das Unternehmen deutlich kniffliger.
Letztlich muss Du Dich fragen, warum Du gegen die Kündigung Klage erheben willst und vor allem, welches Ziel Du damit verfolgst? Sicherlich wirst Du einen Juristen finden, der Dich dabei unterstützt. Aber bei einer Betriebsstilllegung wird es Deinen Arbeitsplatz in dem Unternehmen künftig nicht mehr geben. Also eine Rückkehr halte ich für sehr unwahrscheinlich, weil auch der Arbeitgeber keine „korrekte Sozialauswahl“ begründen muss. Das Risiko für den Arbeitgeber bzgl. etwaiger Formfehler ist dadurch sehr gering. Zudem erhälst Du ja wohl eine Abfindung. Wenn diese angemessen ist, dann solltest Du Deine Energie darauf verwenden, Dir rasch einen neuen Job zu suchen. Die Konjunktur dafür ist doch gegenwärtig sehr gut. Und nutze dazu doch dann auch die Möglichkeiten der Auffanggesellschaft in Punkto Weiterqualifizierung konsequent aus.
Weitere Details hierzu findest Du unter:
Unternehmerentscheidung
http://www.rechtsanwalt-waldenmaier.de/docs/aktuelles4.pdf
Dringende betriebliche Erfordernisse
http://www.anderfuhr-buschmann.de/arbeitsrecht/kuendigung/betriebsbedingte_kuendigung.htm
Betriebsbedingte Kündigung aufgrund Betriebsstilllegung
http://www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/kommentare/kuendigung-wegen-betriebsstilllegung
hallo
danke für die rasche Antwort,eine Wiedereinstellung war auch nicht in meinem sinne ,aber trotzdem fühlt man sich schon sehr hilflos und auch sauer nach 32 Betriebsjahren so abgeschoben zu werden ! Dann auch noch zu erfahren das es erst mal doch weiter geht ! Zum punkt Leiharbeiter,die waren schon vorher im Betrieb und wurden noch an Zahl vergrößert !
Einen neuen Job habe ich bereits gefunden sogar ohne Zeitarbeit.Die Abfindung fand ich und alle anderen nicht angemessen (Tarif 0,5 + Transferg.) laut Betriebsrat wäre nicht mehr drin und wir sollten dankbar sein ! Aber mir ging es hauptsächlich um die ,die noch keine neue Anstellung gefunden haben und auch durch schlechte Schulbildung kaum noch eine wirkliche Chance bekommen !
Danke mit freundlichem Gruß Andre
Hallo Andre, immer gerne.
Gestatte mir noch 2 Anmerkungen: Das mit den Leiharbeitern ist nicht in Ordnung und könnte Deinen Kollegen ggf. eine gute Argumentationshilfe sein. Demgegenüber ist das mit der Abfindungshöhe in Verbindung mit der Transfergesellschaft aber fair. Von einem Arbeitsgericht wird man kaum mehr bekommen – zumindest nicht bei Betriebsstilllegung als Grund für betriebsbedingte Kündigungen.
Hallo. Ich habe einen Frage zu diesem Thema. Angenommen, eine GmbH besitzt mehrere Standorte in Deutschland und von diesen Standorten soll einer wegen Unretabilität geschlossen werden. Wie sieht es nun mit dem Betriebsratsvorsitzenden für den zu schließenden Standort aus? Genießt dieser Kündigungsschutz und muss er an einen anderen Standort weiter eingesetzt werden? Oder kann ihm auch betriebsbedingt gekündigt werden?
Hallo Marvin,
vielen Dank für Deinen Kommentar und die darin enthaltenden Fragen. Die von Dir angesprochene Standortschließung aufgrund fehlender Rentabilität ist eine klassische „Unternehmerentscheidung“, die grundsätzlich nicht mitbestimmungspflichtig ist. Wenn der gesamte Betrieb am Standort aufgegeben wird, wird es das Unternehmen vor Ort nicht mehr geben und damit wird auch kein Betriebsrat(svorsitzender) mehr benötigt. Der besondere Kündigungsschutz für den Betriebsrat wird dann deutlich eingeschränkt und eine betriebsbedingte Kündigung zum Zeitpunkt der Stilllegung; ggf. auch früher, wird möglich.. Details hierzu regelt der §15 Abs. 4 KSchG unter:
http://www.gesetze-im-internet.de/kschg/__15.html
Anders wäre es, wenn nur einzelne Betriebsteile stillgelegt würden. Dann behielte der Betriebsratsvorsitzende seinen besonderen Kündigungsschutz und müsste in den bestehenden Bereichen weiter beschäftigt werden.