Kostenexplosionen bei Großprojekten – Kann mir das mal jemand erklären?
Flughafen Berlin-Brandenburg: Ca. drei Milliarden Euro teurer als geplant. Stuttgart 21: Mindestens zwei Milliarden Euro teurer als geplant. Elbphilharmonie Hamburg: Zirka 650 Millionen Euro teurer als geplant. Diese Bauprojekte kennt jeder, und es gibt noch so viel mehr, entweder bereits fertiggestellt oder als ewige Baustelle. Jede Stadt hat ihr eigenes S21, in Herford zum Beispiel das Museum MARTa. Kostenpunkt: 15 Millionen Euro laut Planung, 30 Millionen Euro bei Fertigstellung. Diese ständigen Kostenerhöhungen zu Lasten des Steuerzahlers bringen mich gelinde gesagt zum Wahnsinn. Warum müssen überhaupt Steuergelder für den mangelnden Sachverstand der Planer herhalten?
Ich will ein Haus bauen, also hole ich mir einen Architekten, der den Entwurf macht. Steht der Entwurf, suche ich mir entsprechende Firmen, die ihn verwirklichen soll. Gerne lasse ich mich dabei auf entsprechende Vorschläge des Architekten ein. Zudem wähle ich selbstverständlich nur eine Firma, der ich aufgrund eines guten Rufs oder aus eigener Erfahrung vertraue und bei der gleichzeitig das Angebot stimmt. Nun geht’s an die Umsetzung. Das Unternehmen, bei dem ich das Badezimmer bestellt habe, merkt, dass in der Wand ein Zulauf fehlt, in allen Zeichnungen ist dieses zwingend erforderliche Rohr aber enthalten. Also muss die Wand noch einmal aufgebrochen werden. Glaubt irgendwer tatsächlich, dass ich das selber zahle? Natürlich nicht. Die Firma die es verbockt hat, muss dafür geradestehen. Entstehen wirklich ungeahnte Zusatzkosten, ließe ich selbstverständlich mit mir reden. Ich bin bin ja kein Unmensch. Aber ich bezahle mit Sicherheit nicht die selbst verursachten Zusatzkosten der zuständigen Unternehmer.
Warum funktioniert das bei den oben angesprochenen Großprojekten nicht? Warum muss ich als Steuerzahler dafür aufkommen, wenn das Belüftungssystem am Flughafen BER aufgrund völliger Fehlplanung nicht funktionieren kann? Wieso bezahlt das nicht das für die Lüftungsanlage zuständige Unternehmen oder der zuständige Planer? Ich verstehe das nicht. Vielleicht ist ja unter euch Lesern jemand, der mir das erklären kann. Ich kann nur vermuten und verdächtigen, einen der folgenden Schlüsse ziehen:
Möglichkeit 1: Sie wissen es von Anfang an!
Solche eklatanten Fehlplanungen wie bei den Großprojekten der letzten Jahre gibt es nicht. Es gibt höchstens eine kalkulierte Fehlplanung, die dazu dient, solche Projekte überhaupt genehmigt und in der Öffentlichkeit akzeptiert zu bekommen. Betrug?!
Möglichkeit 2: Die Unternehmen haben Schuld!
Wenn es um die Vergabe der Angebote geht, stehen die Unternehmen unter hohem Druck, der dafür sorgt, dass kalkulierte Preise grundsätzlich zu niedrig angesetzt werden. Letztendlich können die Unternehmen die Mehrkosten gar nicht selbst stemmen und drohen den Kommunen/dem Bund/den Ländern mit Kündigungen, wenn nicht zusätzliches Geld zugeschossen wird.
Möglichkeit 3: Die Behörden haben Schuld!
Vielleicht erfolgt die Planung auch von Leuten, die vom Bund/vom Land/von der Kommune bezahlt werden. Die Fehler werden also von Leuten gemacht, für die in jedem Fall der Bund/das Land/die Kommune haftet. Also muss das Geld für die Korrekturen auch aus diesem Topf geholt werden.
Möglichkeit 4: Die kategorische Trennung zwischen Planung und Ausführung ist Schuld!
Motto: Die Architekten/ Planer übernehmen keine Verantwortung für Mängel in der Ausführung und die Bauunternehmen nicht für Mängel in der Planung. Am Ende will es keiner gewesen sein und der Steuerzahler muss es ausbaden.
Hier sind ziemlich viele Fragen offen. Meine Kritik richtet sich auch an die Medien, die diese Fragen nicht klären. Sie berichten fleißig über etwaige Kostensteigerungen, nicht aber warum der Steuerzahler dafür aufkommen muss. Vielleicht habe ich auch etwas ganz Grundsätzliches übersehen und nicht verstanden. Dann bin ich allerdings nicht der Einzige, denn läge die Antwort auf der Hand, hätte ich sie mit Sicherheit schon in Erfahrung gebracht. Daher meine Frage an euch: Warum bade ich als Steuerzahler die Unfähigkeit der für Großprojekte verantwortlichen Leute aus? Ein Großprojekt ist sicher nur bedingt mit einem Hausbau zu vergleichen, aber letztendlich besteht ein Großprojekt ja aus tausenden kleinen Projekten, die dem Hausbau dann schon gar nicht mehr unähnlich sind.
Abschließend sei noch einmal gesagt: Jeder Mensch macht Fehler, dafür habe ich Verständnis. Aber wir reden hier ja nicht von kleinen Fehlern mit kleinen Kostenerhöhungen, sondern von Kostenexplosionen, durch die sich die Summe der Baukosten um die Hälfte erhöht, verdoppelt, oder vervielfacht. Die Olympia-Ausrichter in London haben gezeigt, dass es auch anders geht!
Related Posts
1 Comment
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen
Suche
Neueste Beiträge
Kategorien
- Allgemein (73)
- Change-Management (55)
- CRM (49)
- Führung (144)
- Chief of Staff (4)
- Information & Kommunikation (82)
- Motivation (50)
- Performance (67)
- Salesforce (54)
- Training (11)
- Transformation (14)
Tweets von @StefanBornemann
Führungswille alleine wird hier nicht ausreichen. Vielmehr bedarf es Führungsfähigkeit - insbesondere auch im Krisen-Management auf europäischer Ebene.
Sollte selbst das relativ unambitionierte #Ölembargo schon so krachend scheitern wie es aktuelle Berichte aus Brüssel befürchten lassen, dann wäre das ein echtes Armutszeugnis für die Handlungsfähigkeit der EU. Wo bleibt der Führungswille von @Bundeskanzler?
Nur das Einfache hat in Krisensituationen wirklich Erfolg!
Home Office für Bundeskanzler Gerhard #Schröder!
Derweil gibt es immer noch keine Entscheidungen zu den von der Ukraine dringend erbetenen Schützen- und/ oder Kampfpanzer, die grundsätzlich zeitnah - inkl. Munition - beim Hersteller verfügbar sind. Langsam drängt sich ggf. die Frage nach unterlassener Hilfeleistung auf.
Drei Wochen ist es her, dass die Regierung beschloss, Gepard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Drei Wochen. Und es werden noch mehr Wochen verstreichen.
Ich wiederhole mich aber: Für ein Land im Krieg ist jeder Tag entscheidend. https://twitter.com/mathieuvonrohr/status/1526794700853846016
Hallo Herr Bentler,
gibt es nicht auch noch die Möglichkeit, dass die Planer schuld sind?
Die Großprojekte sind aufgrund der Komplexität nicht mit einem normalen Hausbau zu vergleichen. Ein Vielzahl von unmittelbar Beteiligten einerseits und die öffentlichen Hand bzw. die Steuerzahler andererseits. Viele der Projekte sind grundsätzlich einzigartig. Aber Teilprojekte und mögliche defizitäre Entwicklungen sind sehr wohl vergleichbar. Von daher sollten mögliche Defizite doch bereits in der Planung durch präzise Vergleiche berücksichtigt werden und in der Ausführungsphase regelmäßig mit den gebildeten Rücklagen abgeglichen werden. Bemerkenswerten Anschauungsunterricht hat hierzu Glaus Grewe, der gesamtverantwortliche Projektplaner für die olympischen Sommerspiele in London, gegeben. Die Arbeiten waren deutlich früher fertig (4 Monate) und auch im prognostizierten Kostenrahmen. Hier einige Hintergrund-Links dazu:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/olympia-koordinator-klaus-grewe-lektionen-aus-london-fuer-ber-planer-/7629066.html
http://www.tagesspiegel.de/berlin/olympia-koordinator-klaus-grewe-lektionen-aus-london-fuer-ber-planer-/7629066.html
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1972527/
Darüber hinaus bleibt auch abzuwarten, ob die neu eingesetzte „Expertenkommission Großprojekte“ der Bundesregierung wirklich echte „Goldkörner“ für die Zukunft entwickelt:
http://www.immobilien-zeitung.de/1000013926/reformkommission-fuer-grossprojekte-nimmt-arbeit-auf